Parodontitis
Parodontitis ist eine bakterielle Infektion des Zahnhalteapparats, die chronisch verläuft. Unbehandelt kann sie zu Zahnausfall und weiteren Krankheiten, wie z.B. Diabetes, Herz-Kreislauferkrankungen, Erkrankungen der Atemwege und / oder der Nieren führen.
Parodontitis
Mikrobiologischer Nachweis von Parodontitis-Marker-Keimen
Interleukin-1 (IL-1)
Genetischer Nachweis der individuellen Entzündungsneigung
HLA-DR4
Genetischer Nachweis der individuellen Entzündungsneigung im Hinblick auf rheumatoide Arthritis
Bildung eines Biofilms und Gingivitis
Nahrung ist neben Wasser die Grundlage des Lebens und stellt die Voraussetzung für einen funktionierenden Stoffwechsel dar. Doch durch die Nahrungsaufnahme heften sich Nahrungsreste an die glatten Oberflächen des Zahnes und bilden dort innerhalb von wenigen Sekunden einen initialen oralen Biofilm (Pellikel). Ein Pellikel ist nicht schädlich, sondern übernimmt eine Schutzfunktion und schützt die Zahnhartsubstanz vor Erosion und den Zahnhals vor Überempfindlichkeit . Obschon Teile dieses Belages von den Gegenzähnen (Antagonisten) zerrieben und vom Speichel verdaut und wieder weggespült werden, verbleibt auf Grund unserer Ernährungsgewohnheiten eine immer dicker werdende Schicht aus Speiseresten und Bakterien an den Zahnoberflächen und im Grenzbereich zum Zahnfleisch. Auf dieser Schicht bleiben vermehrt Bakterien haften, die mit dem Pellikel einen festhaftenden, strukturierten gelblichen Zahnbelag bilden. In einem frühen Stadium kann der Zahnbelag durch Putzen der Zähne und dem Gebrauch von Zahnseide entfernt werden. Bleibt jedoch eine gründliche Reinigung aus, entwickelt sich aus dem Zahnbelag ein strukturierter Biofilm, der zu großen Teilen aus Nahrungsresten, Bakterien, deren Stoffwechselprodukten und Speichelbestandteilen besteht. Diese ein- oder mehrzellige Schicht von Zellen ist in einer extrazellulären Matrix eingebettet, die die Mikroorganismen vor dem körpereigenen Immunsystem und einer Antibiotikabehandlung schützen kann.
Der Verzicht auf Mundhygiene lässt den Biofilm reifen und ermöglicht das weitere Festsetzen von Bakterien und Speiseresten, die den Biofilm wachsen lassen. Sobald sich der Biofilm soweit erstreckt, dass er mit den Zahnfleischpapillen, dem Sulkus oder dem Saumepithel in Berührung kommt, löst der Körper eine Entzündungsreaktion aus, die eine Zahnfleischentzündung zur Folge hat. Ist diese klinisch wahrnehmbar, wird diese als Gingivitis bezeichnet und kann den Übergang zu einer Parodontitis bereiten. Diese lokal begrenzte, zumeist temporäre Entzündung ist charakterisiert durch pathogene Bakterien, die im Normalfall von einer Barriere leukozytärer Abwehrzellen zurückgedrängt werden. Die Entzündung klingt in der Folge wieder ab. Im Gegensatz zur Parodontitis kann die Gingivitis bei richtiger Behandlung vollständig und ohne Spuren zu hinterlassen ausheilen.
Zahnstein
Gingivitis als Vorstufe zur Parodontitis
Bakterienkomplexe der Parodontitis
Grüner Komplex
(Bereich 1)
- E. corrodens
- C. gingivalis
- C. ochracea
- C. sputigena
Orange assoziierter Komplex
(Bereich 2)
- C. rectus
- E. nodatum
Oranger Komplex
(Bereich 3)
- P. intermedia
- P. micra
- F. nucleatum
Roter Komplex
(Bereich 4)
- P. gingivalis
- T. forsythia
- T. denticola
Aa Komplex
(Bereich 5)
- A. actinomycetemcomitans
Die Besiedlung einer Zahnfleischtasche vollzieht sich grundsätzlich in den drei Phasen Frühkolonisierung, Brückenspezies sowie Climax Community. Während den unterschiedlichen Phasen erweitert sich die Bakteriengemeinschaft sukzessive. Damit steigt die Pathogenität und die Destruktion des Weich- und Knochengewebes vollzieht sich weiter.
Frühkolonisierung
Zu Beginn einer Parodontitis-Erkrankung sind Bakterien des grünen Komplexes zugegen. Diese schaffen die Voraussetzungen für die Bakterien des orange assoziierten Komplexes. Die Kombination aus diesen beiden Komplexen schafft das notwendige Habitat für den orangenen Komplex.
Brückenspezies
Der orangene Komplex stellt den Übergang zum roten und zum Aa Komplex dar und wird aus diesem Grund auch Brückenkomplex genannt.
Climax Community
Die Climax Community stellt die letzte Phase der Keimbesiedelung dar. Die Keime des grünen, orange assoziierten und orangenen Komplexes bilden dabei die Grundlage für die Besiedlung mit den pathogenen Markerkeimen aus dem roten und dem Aa-Komplex. Die in dieser Phase vorhandenen Keime bilden eine stabile Bakteriengemeinschaft (Climax Community). Auf Grund der Tatsache, dass die hochpathogenen Markerkeime in die Fähigkeit haben in Gewebe eindringen zu können, wird die Behandlung deutlich erschwert. Eine rein mechanische Behandlung ist in diesem Stadium nicht mehr ausreichend.

Assoziierte Krankheiten
Die sich in der betroffenen Zahnfleischtasche befindlichen pathogenen Keime können über die entzündeten Wundflächen in die Blutbahn gelangen. Dadurch verteilen sich die Bakterien im gesaâmten Organismus und können auch an entfernteren Stellen Entzündungsreaktionen hervorrufen und chronische Veränderungen verursachen. Vor diesem Hintergrund ist die Parodontitis mit einer Vielzahl weiterer Krankheiten assoziiert. Diese umfassen neben Herz-Kreislauf-Erkrankungen und chronische Nierenerkrankungen u.a. auch Diabetes mellitus, Osteoporose, Adipositas, Rheuma und Arthritis, Frühgeburtlichkeit sowie Atemwegserkrankungen.
Besondere Risikofaktoren stellt der Konsum von Nikotin, Alkohol und Drogen dar. Darüber hinaus gehören schwangere Frauen, Frauen in ihrer Menstruationsphase und ältere Menschen zur gefährdeteren Risikogruppe. Nebenstehende Abbildung veranschaulicht die Krankheiten, die mit Parodontitis assoziiert sind.

Rheumatoide Arthritis
2-11-faches Risiko
1 of 7Osteoporose
2-4-faches Risiko
2 of 7Schwangerschaftsrisiken
z.B. Frühgeburt
2-8-faches Risiko
Chronische Erkrankungen der Atemwege
2-4-faches Risiko
4 of 7Herzkreislauferkrankungen, Herzinfarkt
2-faches Risiko
5 of 7Diabetes
2-11-faches Risiko
6 of 7Gehirn
2-faches Risiko
7 of 7